Gehen Sie direkt zum Inhalt der Seite Gehen Sie zur Hauptnavigation Gehen Sie zur Forschung

Die Kreislaufwirtschaft gewinnt an Bedeutung und ist Anreiz für zahlreiche Initiativen. Es bleibt aber noch immer viel Überzeugungsarbeit zu leisten, bis sie endlich durchstarten kann. Erklären und Überzeugen ist deshalb auch das Credo von Nicolas Dumas, Environmental Project Manager bei VINCI Energies Building Solutions, und Valentine Salomon, Innovation Market Manager bei Actemium.

Wie fließt das Thema Kreislaufwirtschaft in die Geschäftstätigkeiten von VINCI Energies ein?

Nicolas Dumas. In weiten Teilen der Wirtschaft wurde die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft lange Zeit als reine Pflichtaufgabe angesehen. Erste Initiativen in diesem Bereich gab es bei Abfalltrennung und Recycling. Dann erweiterte sich das Spektrum nach und nach um Reparatur, Aufarbeitung und Verlängerung der Nutzungsdauer von Geräten, gemeinsame Nutzung und Wiederverwendung von technischen Equipments.

Auch heute noch sind gesetzliche Regelungen der Ausgangspunkt, aber gleichzeitig gewinnt die Kreislaufwirtschaft auch an ökonomischer Legitimität. Sie wird von der Wirtschaft zunehmend als Mittel für mehr Wertschöpfung und höhere Wettbewerbsfähigkeit begriffen. Für VINCI Energies kann ich das jedenfalls bestätigen.

Was muss passieren, damit die Kreislaufwirtschaft durchstarten kann?

Nicolas Dumas. Im französischen Bausektor wird sich die Kreislaufwirtschaft auf jeden Fall durchsetzen, und sei es nur aufgrund der immer strengeren Vorschriften der Umweltverordnung RE2020. Ein wichtiger Schritt in diesem Bereich wurde mit der seit dem 01.07.2023 verbindlich vorgeschriebenen Bestandsaufnahme „Produkte, Equipments, Baustoffe und Abfälle“ (PEMD) getan. Diese Bestimmung betrifft große Abbruch- und Sanierungsprojekte und geht über die simple Erfassung der Abfälle hinaus. Sie setzt auf Abfallvermeidung und Wiederverwendung und begünstigt so die Verwertung von Baustoffen.

Wie sieht es in der Industrie aus?

Valentine Salomon. Wir kommen Schritt vor Schritt voran, allerdings langsamer als bei den anderen Schwerpunkten der VINCI-Umweltpolitik, die auch für VINCI Energies gilt. Etwa beim Schwerpunkt „Handeln für das Klima“: Hier konnte VINCI Energies mit Maßnahmen zur CO2-Einsparung bereits große Erfolge verbuchen. Dennoch bleibt noch viel zu tun und es könnten schnell einfache Lösungen umgesetzt werden, etwa durch mehr Wiederverwendung.

Und in der Gebäudetechnik?

Nicolas Dumas. Bei VINCI Energies Building Solutions sehen wir zunehmend Initiativen, die in unsere Angebotspalette übernommen werden. Der Übergang zu vertriebsfähigen Lösungen spielt eine wesentliche Rolle bei der Forcierung bereits vorhandener Kanäle, etwa die Wiederverwendung von Stromkabeln mit dem Circable-Angebot. Unsere Business Unit RESO Services hat zudem ein entsprechendes Angebot für Kabel- und Lüftungskanäle sowie Sanitärtechnik entwickelt.

„Kreislaufwirtschaft wird zunehmend als Mittel für mehr Wertschöpfung und höhere Wettbewerbsfähigkeit begriffen.“ (Nicolas Dumas)

Dieser Übergang zur Kreislaufwirtschaft treibt auch die Umstellung in weiteren Bereichen voran, etwa der Retrofit von Gebläsekonvektoren und Luftaufbereitungsanlagen, Notbeleuchtungen, Lichttechnik, Mehrfachsteckdosen oder auch Glastrennwände. Strukturierung und Bündelung dieses Angebots zur Förderung einer groß angelegten Wiederverwendung: So lautet das Ziel unserer neu gegründeten Business Unit Backin.

Diese Kreislaufmodelle werden auch zunehmend eine Rolle bei der Erfüllung der Energieeffizienz- und Klimaziele unserer Kund:innen spielen.

Haben Sie Beispiele für existierende oder geplante Anwendungen?

Valentine Salomon. Im Bereich der Energieeffizienz gibt es Audits der ein- und ausgehenden Stoffströme, außerdem zahlreiche Wasserrückgewinnungsprojekte.

Wir haben mit Landwirt:innen, Gemeinden und Industriebetrieben Kontakt aufgenommen, um Biogas aus Abfällen oder Klärschlämmen zu gewinnen.

Im Bereich der industriellen Instandhaltung werden viele Teile (Ventile und Armaturen) aufgearbeitet und verkauft bzw. wieder montiert. Und in Sachen präventive Instandhaltung hilft uns KI, die Nutzungsdauer der Anlagen zu verlängern.

Kreislaufwirtschaft bedeutet auch, dass Industriekomponenten weitergereicht werden können: Wenn ein Kunde ein Equipment nicht mehr möchte, wird es ertüchtigt und in einer anderen Fabrik installiert. Am schwierigsten ist dabei, die Vorbehalte bei den Kund:innen abzubauen. Die sind nämlich nicht immer bereit, für ein Second-Hand-Produkt den Neupreis zu zahlen, manchmal sogar etwas mehr. Eine weitere interessante, effektive Möglichkeit ist die Übernahme von entsprechenden Verpflichtungen zur Kreislaufwirtschaft in Energieeinsparausschreibungen und -verträge. Auch As a Service-Modelle sind hervorragende Wegbereiter der Kreislaufwirtschaft.

Wie kann die Kreislaufwirtschaft an Fahrt gewinnen?

Valentine Salomon. Ich versuche immer zu vermitteln, dass es ja bereits überall Kreislaufwirtschaft gibt. Das ist etwas sehr Reales, Greifbares und letztlich ja auch Vernünftiges. Aber aus Erfahrung weiß ich auch, dass schon alleine der Begriff Kreislaufwirtschaft Angst macht, häufig, weil der Sinn nicht richtig verstanden wird oder man sich nichts darunter vorstellen kann.

As a Service-Modelle sind hervorragende Wegbereiter der Kreislaufwirtschaft.“ Valentine Salomon)

Bei meiner Überzeugungsarbeit setze ich deshalb lieber auf die 6 R: Recycle, Reuse, Refuse, Reduce, Rethink, Repair. Diese Begriffe leuchten sofort ein.

Nicolas Dumas. Es kommt wesentlich auf die Sensibilisierung des Betriebspersonals und der Einkaufsnetzwerke an. Umweltevaluierungstools wie die Lebenszyklusanalyse muss unser Personal kennen und idealerweise auch beherrschen – das gilt natürlich vor allem für unsere Einkäufer:innen.

Dazu ist es notwendig, immer wieder zu erklären, zu zeigen sowie auf Initiativen und Best Practices hinzuweisen. Vor kurzem hatte ich drei Tage lang zwanzig Mitarbeitende aus Europa und Marokko zu Gast. Im Rahmen dieser Learning Expedition wurde ihnen eine ganze Reihe von Lösungen vorgestellt, die in unseren französischen Business Units entwickelt und umgesetzt wurden. Im Anschluss haben sie einen internationalen Green Sourcing-Club gegründet. In Sachen Innovation gibt es nichts Wirksameres als konkrete Beispiele und Erfahrungsaustausch.

14/11/2025