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Baufirmen kennen sich mit dem Building Information Modeling (BIM) und seinen computergestützten Tools bestens aus. VINCI Facilities hat eine neue Funktion hinzugefügt, um auch die Gebäudebewirtschaftung zu optimieren. Die fortschrittliche Lösung wurde gemeinsam mit Thales für den neuen Campus in Vélizy entwickelt.

Im Universum der Büroimmobilien ist eine Revolution in Sicht. Angesichts einer völlig geänderten Nachfragesituation – die jungen Generationen fordern flexiblere, intelligentere und eigenständigere Arbeitsumgebungen als die herkömmlichen Büros ihrer Altvorderen(1) – muss die Branche neue, mobilitätsfreundlichere Gebäude erfinden, die zur Zusammenarbeit in gemeinsamen Kreativräumen einladen, vielerlei Netzwerk- und Hausservices bieten und Tag und Nacht zugänglich sind.

Diese neuen Anforderungen gehen Hand in Hand mit der digitalen Revolution, welche die Auswertung der wachsenden, von den in immer größerer Zahl in den Häusern verbauten Sensoren erzeugten Datenmengen erst möglich macht. Sie sorgen auch im Facility Management (FM) und bei der Servicepalette im Zusammenhang mit der Gebäudebewirtschaftung für ein Umdenken.

Proaktive Maintenance

Unser Kerngeschäft ist heute immer noch die klassische technische Maintenance von Dienstleistungs- und Industriestandorten“, so Philippe Conus, Direktor von VINCI Facilities. Dabei handelt es sich entweder um ausfallorientierte Maintenance (Reparatur eines defekten Klimageräts) oder präventive Instandhaltung (Zustandsüberprüfung des Klimageräts gemäß Inspektionsplan des Herstellers).

„In Zukunft“, fährt Conus fort, „wird uns die technische Beherrschung solcher Leistungen nicht mehr vom Wettbewerb abheben. Wir müssen in der Lage sein, sowohl den Endnutzer als auch unseren direkten Kunden, ob Eigentümer oder Mieter, besser zu unterstützen. Proaktive Maintenance und neue Services sind gefragt.“

Ein Beispiel: Der Treibriemen in einer technischen Anlage wird in Zukunft nicht mehr wie im Wartungsheft vorgesehen gewechselt, sondern unter Berücksichtigung seines Abnutzungsgrades. Dieser wird über einen Erschütterungssensor oder die tatsächliche Betriebsdauer ermittelt.

Gleichermaßen kann ein CO2-Sensor in einem Besprechungsraum die Frischluftzufuhr erhöhen, wenn der Raum benutzt wird (das gibt es bereits), aber auch dem Raumpflegeteam signalisieren, dass am Vortag keine Sitzung stattgefunden hat und keine Reinigung erforderlich ist.

Anhand der aufgezeichneten Daten könnte man einem Mieter, der mehr Platz braucht, eine Umwidmung des Raumes vorschlagen, weil er meistens leer steht („Space Management“).

„FM-kompatibles“ BIM

VINCI Facilities ist also dabei, ihr Metier neu zu erfinden und neue Serviceleistungen wie das „Space Management“ zu entwickeln. Erste Anwendungen dafür gab es bereits im Rahmen des BIM FM Lab, einem Koinnovations-Prozess, der mit dem Elektronikkonzern Thales angestoßen wurde.

Sämtliche französischen Thales-Standorte sind bereits Kunde von VINCI Facilities. Der Konzern hat beschlossen, alle 2.500 Mitarbeiter im Großraum Paris am neuen, 49.000 m² großen Hélios-Campus in Vélizy-Villacoublay bei Paris zusammenzufassen.  Die drei Gebäude der Liegenschaft wurden im Auftrag des Eigentümers, der Foncière des Régions, 2013 gerade durch die Firma Petit (VINCI Construction France) errichtet, als die Teams von VINCI Facilities Kontakt mit ihren Kollegen von Petit aufnahmen, um die Bewirtschaftung vorzubereiten (die Bauarbeiten wurden im Oktober 2014 abgeschlossen).

Petit war Vorreiter in Sachen BIM (Building Information
Modelling). Dabei handelt es sich um eine Reihe von IT-Tools im Zusammenhang mit einem digitalen Gebäudemodell in 3D, über das die Projektbeteiligten papierlos Informationen austauschen können
“, erläutert David Ernest, Leiter Innovation & Energien bei VINCI Facilities. „Und Petit hat uns überzeugt, dass das BIM, das bereits den Hochbau revolutioniert, auch unseren Fachbereich Gebäudebewirtschaftung von Grund auf verändern könnte.“

Mit Unterstützung von Thales und der Foncière des Régions begannen die Teams von VINCI Facilities also mit dem Entwurf eines „FM-kompatiblen“ BIM-Modells. Dazu mussten dem digitalen Campus-Modell Daten für die spätere Benutzung durch die Facility Manager hinzugefügt werden.  So wurde das Modell nach und nach in die Tools eingebunden, die den Alltag des Facility Managers bestimmen: Die Instandhaltungssoftware, die z. B. den Wartungsplan des Heizkessels überwacht, und die Gebäudeleittechnik, die im Zusammenspiel von Technik und IT beispielsweise zur Temperaturregelung eingesetzt wird oder um zu einer bestimmten Zeit das Licht an- oder auszuschalten.

Das BIM spart bis zu 40 % Zeit bei Aufgaben wie dem Auffinden der zu kontrollierenden Anlage oder der Suche nach einem Ersatzteil im Lagerbestand

Wie weit ist dieses „FM-kompatible“ Modell heute? Weil bestimmte Softwarelösungen nicht miteinander harmonieren, konnten die verschiedenen Tools noch nicht komplett zusammengefasst werden. Aber bereits jetzt konnte VINCI Facilities durch die Verfolgung von Arbeiten an den elektrischen Anlagen oder an der Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik des Thales-Standortes mittels Filmkamera und Stoppuhr ermitteln, dass das BIM bis zu 40 % Zeit bei Aufgaben wie dem Heraussuchen von Unterlagen, dem Auffinden der zu kontrollierenden Anlage oder der Suche nach einem Ersatzteil im Lagerbestand spart.

Dank des Modells kann der Techniker per Tablet oder Augmented Reality-Brille eine Rohrleitung durch die geschlossene Zwischendecke „sehen“ und braucht nur noch eine einzige Platte zu öffnen – dort, wo der zu überprüfende Absperrhahn sitzt. Außerdem kann er bedarfsgerecht auf sämtliche technischen Daten der Anlage sowie auf Parameter wie Lufttemperatur und Luftdruck in den Lüftungskanälen zugreifen.

Pilotstandorte

Nach diesem ersten Test mit weiteren experimentellen Anwendungen, etwa einem Navigationssystem für Gebäudenutzer, die einen bestimmten Besprechungsraum suchen, haben die beiden Partner ihre Zusammenarbeit bei einer weiteren Liegenschaft in Mérignac bei Bordeaux vertieft, die letzten August fertiggestellt wurde.

Last but not least denken Thales und VINCI Facilities jetzt darüber nach, an drei Pilotstandorten BIM-Modelle für bestehende Gebäude zu entwickeln. „Ausgehend vom Bedarf des Kunden und den verfügbaren Daten – Pläne, Bauakten, die bei der Auslieferung des Gebäudes übergeben wurden usw. – werden wir prüfen, ob wir ein abgespecktes BIM erstellen können und ob das wirtschaftlich sinnvoll ist“, so Ernest. Wenn ja, würde das dem „FM-kompatiblen“ BIM die Türen eines riesigen Marktes öffnen.

(1) „Mon bureau de demain“ (Mein Büro von morgen). Umfrage unter 414 Studierenden der Wirtschaftshochschule Essec, die alle bereits über erste Berufserfahrungen verfügen.

„Digitales Modell für neue Services“

Thierry Berthomieu, Leiter des Copernic-Programms, Thales

„Die Baukosten machen bei einem Dienstleistungsgebäude lediglich 15 bis 20 % seiner Lebenszykluskosten aus. Der Rest sind Betriebskosten (Wartung und Instandhaltung usw.). Deshalb rentiert es sich, das ursprünglich für den Bau erstellte digitale Modell auch für die Bewirtschaftung einzusetzen. Davon hat jeder etwas. Unser Dienstleister VINCI Facilities kann flexibleren, besseren Service bieten. Wir als Mieter sind gegenüber dem Eigentümer zur Fortschreibung der Gebäudedokumentation verpflichtet. Da sie in elektronischer Form vorliegt, ist das viel einfacher als bei einer herkömmlichen Papierversion. Niemand aktualisiert wirklich solche Pläne, wenn beispielsweise eine Trennwand versetzt oder eine neue Ausrüstung installiert wird.

Unter diesen Voraussetzungen war der von einem digitalen Modell ausgehende Bau unseres Campus in Vélizy-Villacoublay (Vélizy Hélios), gefolgt von einem ähnlichen Projekt in Mérignac bei Bordeaux, eine ideale Gelegenheit, um gemeinsam mit VINCI Facilities über das Facility Management von morgen nachzudenken. Neben technischen Innovationen wie der Verknüpfung von digitalem Modell und den von Instandhaltungs- und Wartungstechnikern eingesetzten IT-Lösungen (Maintenancesoftware, Gebäudeleittechnik) hat das zu einem Umdenken bei der Art und Weise geführt, wie wir in einer Liegenschaft arbeiten. Daraus werden sich neue Prozesse und neue Berufsbilder ergeben, die Eigentümer, Mieter und Dienstleister, aber auch dem Endnutzer das Leben erleichtern. So können Besucher per Navigationssoftware den richtigen Raum in einem Gebäude finden oder die Raumpflegeintervalle der tatsächlichen Raumnutzung angepasst werden.“

03/04/2017