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Private Breitband-Mobilfunknetze werden derzeit in der Industrie noch kaum genutzt. Dabei können private 4G/5G-Netze zur Übertragung von Sprache, Daten, Fotos und Videos den Betrieb der Standorte und Werke deutlich einfacher und zuverlässiger machen.

Die Endmontagelinie des Airbus A380 (der nicht mehr produziert wird) am Standort Toulouse-Blagnac ist 200 Hektar groß, davon 200.000 m² Hallenfläche und über 20 Hektar Außen- und Büroflächen. Das Industriegebiet Chesnes südöstlich von Lyon wiederum ist die größte französische Logistikplattform und eine der bedeutendsten in Europa.

Private 4G/5G-Netze verbessern die Konnektivität an großen Industriestandorten

Große Standorte wie diese können private Mobilfunknetze (PMR) einsetzen, um dank neuer Kommunikationstechnologien wie 4G/LTE (Long Term Evolution) und bald auch 5G effizienter zu kommunizieren und völlig sicher Sprache, Daten, Fotos und Videos zu versenden und zu empfangen.

„Für mehrere Quadratkilometer große Standorte sind viele WLAN-Hotspots erforderlich. Mit einigen wenigen privaten 4G- oder 5G-Basisistationen kann man den gesamten Standort abdecken, und das mit deutlich größerer Zuverlässigkeit“, erläutert Arthur Rabaté, Angebotsmanager bei Axians RMP für private 4G/5G-Netze.

Zumal die bestehenden Funknetze nicht unbedingt für kritische Kommunikationen an bestimmten sensiblen Standorten geeignet sind. Die Industrie muss sich vor Spionage schützen, denn es ist relativ einfach, Gespräche über das Handy- oder WLAN-Netz abzufangen – etwa mit IMSI-Catchern, Geräten, die das öffentliche Funknetz überlagern, eine Basisstation simulieren und sich so zwischen Netzbetreiber und Equipment schalten.

Eine solche Sicherheitslücke gibt es bei Breitband-PMR nicht. Sie sind deutlich besser abgesichert als herkömmliche Netze. Beispielsweise hindern sie die Endgeräte daran, sich in ältere Netze einzuwählen. Außerdem sind diese Netze anders als die öffentlichen Netze nicht mit dem Internet verbunden. So können Hacker keine Daten abfangen.

Roboter mit 5G-Steuerung

„In einer Raffinerie werden private Mobilfunknetze zur Abstimmung zwischen Leitwarte und Bedienpersonal genutzt, wenn etwa ein Ventil geöffnet oder geschlossen werden soll. Dank Breitbandnetz können Video und Ton in Echtzeit übertragen werden, so dass das Personal in der Leitwarte ein genaueres Lagebild vermittelt bekommt. Diese PMR-Netze dienen auch zum Schutz alleine arbeitender Beschäftigter. Lotsensoren und Beschleunigungsmesser lösen einen Notruf aus, wenn eine ungewöhnliche Lageveränderung erkannt wird, etwa ein Sturz“, beschreibt Yann Bertrand, Business Developer bei Axians.

PMR-Netze greifen auch auf Indoor- und Outdoor-Geolokalisierungsdienste zu, um die Hilfskräfte bei einer Störung an den richtigen Ort schicken zu können. Private 4G/5G-Netze mit ihrer hohen Übertragungsrate und ihrer geringen Latenz ermöglichen die Übertragung von Videobildern in Echtzeit. „Man kann einen Unfall filmen und so den Hilfskräften bei der Vorbereitung ihres Einsatzes helfen“, erläutert Rabaté.

Ein weiterer Vorteil: ein reibungsloserer, effizienterer Remote-Support. Techniker mit VR-Brillen können sich remote durch das Werk leiten lassen oder per Augmented Reality auf nützliche Daten zugreifen. AGV-Roboter (Automated Guided Vehicle), die an Logistikstandorten im Einsatz sind und bisher über Signalkabel im Boden gesteuert werden, gewinnen an Autonomie. Sie werden zu AMR (Automotive Mobile Robots), können mit einem Roboterarm ausgestattet und ferngesteuert werden. „Mit einem 5G-Netz wird es letztlich möglich, die gesamte Intelligenz des Roboters auf ein zentrales System im Werk auszulagern. Dadurch kann seine Arbeit besser koordiniert werden“, fasst Rabaté zusammen.

Technologie mit hohem Potenzial

„So können wir den Standort sowohl indoor als auch outdoor abdecken. Durch den zusätzlichen Roboterarm erleichtern wir das Ein- und Ausladen von Waren, das ist schwere Arbeit, die zuvor von Menschen erledigt wurde“, fügt Frédéric Boulvert hinzu, Vertriebsingenieur Innovation bei Actemium Rennes.

5G erleichtert ferner das Management heterogener Roboterflotten verschiedener Marken. Der Hafen Rotterdam, einer der größten der Welt, verwendet zur Steuerung seiner AGVs ein von Axians Niederlande aufgebautes privates 4G-Netz statt eines WLAN. Das Ergebnis: Die Zuverlässigkeit ist deutlich höher. Das steigert die Produktivität, weil die Fahrzeuge nicht mehr wegen mangelnder Netzabdeckung liegenbleiben.  Die Mitarbeitenden haben im ganzen Hafen Netz, so dass auch sie effizienter arbeiten können.

In Frankreich wurde ein eigenes Frequenzband zugeteilt, aber noch sind erst sehr wenige Industriestandorte mit diesen neuen privaten Mobilfunknetzen ausgestattet. Dabei hätten sie großes Potential. „Die Technik ist noch kaum bekannt. Die Industrie nutzt zwar 4G und 5G, aber nur im Rahmen der Angebote der Netzbetreiber“, so Boulvert. Das dürfte sich in den nächsten Monaten ändern, denn es sind mehrere private 4G/5G-Netze in der Industrie geplant. In Deutschland wurden große Frequenzbereiche im 3,5 GHz- und 26 GHz-Band für private 5G-Netze reserviert, um die Entwicklung der Industrie 4.0 zu fördern. Axians stellt in der Digitalschmiede bei VINCI Energies in Frankfurt eine private 5G-Plattform zur Verfügung, um mit den Kund:innen industrielle Use Cases zu testen. Die Digitalschmiede dient unter anderem Axians, Actemium und Omexom als Know-how-Forum.

14/04/2022