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Im Juli 2019 fand ein europäischer Ideenwettbewerb statt, bei dem insbesondere von französischen Großkonzernen das Projekt einer Induktionsautobahn vorgestellt wurde – eine Wende für die Elektromobilität? 

2018: In Schweden, das ab 2030 auf fossile Treibstoffe verzichten will, wird erstmalig eine elektrifizierte Straße getestet. Auf einem zwei Kilometer langen Streckenabschnitt wurde ein System implementiert, dass an bestimmte Straßenbahnen in Frankreich erinnert: In der Fahrbahnmitte ist eine Stromschiene eingelassen, mit der sich die Fahrzeuge mittels eines mobilen Stromabnehmers verbinden. Bei einem Überholmanöver oder Unfall wird er automatisch eingezogen.

Ende 2019 will Schweden seinen Ruf als Vorreiter in Sachen saubere Energie mit der weltweit ersten Straße mit induktiver Ladefunktion auf der Insel Gotland weiter ausbauen. Dabei füllen sich die Batterien „kontaktlos“: Im Fahrzeugunterboden sitzt eine Ladeplatte, welche die Energie von im Asphalt verlegten Induktionsschleifen bezieht.

Dieses öffentlich-private Projekt hat ein Budget von 11 Mio. Euro. Es wird zunächst auf einem 1,6 km langen Streckenabschnitt mit einem Lkw und einem Bus getestet und kombiniert die Technik des israelischen Start-ups Electreon mit dem Know-how von Omexom, der VINCI Energies-Fachmarke für die Energiewende.

Ist die Straße mit Induktionsladefunktion die Zukunft des Elektroautos? Für VINCI Autoroutes, VINCI Energies und Eurovia als Träger des völlig neuartigen Projekts „Induktionsautobahn“ (1) lautet die Antwort ja.

Hybridlösung

„Das dynamische Laden während der Fahrt beseitigt die größten Hindernisse für die Entwicklung der Elektromobilität im industriellen Maßstab“

Wenn jedes Fahrzeug, ob Pkw, Lkw oder Bus, während der Fahrt per Induktion geladen werden kann, entfällt eines der größten Hindernisse für die Entwicklung der Elektromobilität im industriellen Maßstab“, so Didier Deschanel, Innovation Director bei Eurovia.

Auf Nutzerseite sind die Hindernisse bekannt: deutlich höherer Fahrzeugpreis als die Verbrennervariante, geringe Reichweite (ein Renault Zoé kommt nach zwei Stunden Ladezeit etwa 300 km weit).

„Heute sind Elektroautos für den täglichen Gebrauch gut einsetzbar. Schwierig wird es bei Langstreckenfahrten, die allerdings eher die Ausnahme darstellen. Deshalb könnte das dynamische Laden auf der Autobahn Ausgangspunkt einer rasanten Entwicklung sein“, fügt Pierre Delaigue hinzu, Director of Connected, Autonomous, & Electric Mobility Projects bei VINCI Autoroutes.

Auf langen Strecken würde das Fahrzeug zu und von der Autobahn die Energie aus seiner Bordbatterie beziehen, auf der Autobahn würde es mit Induktionsstrom betrieben.

Technische Restriktionen

Die Verlegung von Induktionsschleifen im Asphalt ist nicht einfach. Die Stromkabel leiden beim Einbau unter dem heißen Asphaltmischgut und unter Druck und Vibrationen der Straßenwalzen. Außerdem muss der Abstand zwischen Sende- und Empfangsspule während des Ladens möglichst gering gehalten werden (etwa 20 Zentimeter).

Auch „äußere Faktoren“ können zu Fehlfunktionen führen: Feuchtigkeit und die von den Spulen abgestrahlte Wärme können den Asphalt beschädigen.

Außerdem müssen gesundheitliche Risiken ausgeschlossen werden. Schließlich kann die Induktionstechnik nur dann sinnvoll eingesetzt werden, wenn Gefahren für Leib und Leben von Verkehrsteilnehmern und Mitarbeitern der Autobahnmeistereien ausgeschlossen sind. Welche gesetzlichen Strahlungs-Grenzwerte müssen die im Asphalt verlegten Induktionsschleifen erfüllen? Ist damit eine optimale Energieübertragung zwischen Straße und Fahrzeugen möglich? Zukünftige Versuche werden Antworten auf solche Fragen liefern, aber die ersten Messungen stimmen zuversichtlich, und es gibt Lösungen, um Leckstrahlung zu vermeiden.

Eine weitere Frage ist, ob das Stromnetz für so eine so hohe Nachfrage überhaupt ausgelegt ist. „Die französischen Stromnetzbetreiber RTE und Enedis gehen davon aus, dass es in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren keine Probleme mit der Übertragungskapazität geben wird. Vor allem auch deshalb, weil die Anstrengungen der OECD-Länder im Bereich Energieeffizienz schnell Früchte tragen werden“, so Arnaud Banner, Technischer Direktor bei Omexom.

Skalenmäßige Einsparungen

Last but not least stellt sich die Frage der wirtschaftlichen Machbarkeit. Bei der Elektrifizierung einer ganzen Autobahn kommt es zu skalenmäßigen Einsparungen: je mehr Verkehr, umso schneller lohnt sich die Investition.

Außerdem muss die Autobahn nicht in voller Länge elektrifiziert werden: es reicht aus, bestimmte Abschnitte und jeweils nur eine Fahrspur auszustatten, um ein so genanntes „Snack-Charging“ zu ermöglichen.

Die Einsparungen durch den geringeren Mineralölverbrauch einerseits und durch niedrigere Neuwagenpreise wegen kleinerer Batterien andererseits könnten teilweise zur Finanzierung dieser neuen Ladeinfrastruktur genutzt werden“, so Didier Deschanel, Innovation Director bei Eurovia.

Bis wann könnte es also möglich sein, die Induktionstechnik großflächig umzusetzen? Innerhalb von fünf bis zehn Jahren, unterstreicht Arnaud Banner, Technischer Direktor von VINCI Energies: „Heute geht es nicht mehr so sehr um Forschung und Entwicklung als um die Umsetzung und die Festlegung eines Geschäftsmodells.“

(1) Dieses Projekt wurde Ende Juli 2019 im Rahmen des Ideenwettbewerbs „User centric charging infrastructure“ von der Europäischen Union ausgewählt.

20/02/2020