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Die Industrie verursacht in Frankreich 20 % aller Treibhausgasemissionen. Bis 2050 will sie ihren Ausstoß um 80 % reduzieren. Um dieses ehrgeizige Klimaziel zu erreichen, muss der Sektor an mehreren Stellschrauben drehen. Angefangen bei der Wärmeproduktion.

Die so genannte Schwerindustrie steht in Sachen Dekarbonisierung an vorderster Front. Neun besonders energieintensive Sektoren (Aluminium, Ammoniak, Stahl, Chlor, Zement, Ethylen, Papier/Kartonnagen, Zucker, Glas) verursachen in Frankreich zwei Drittel aller Industrieemissionen. Hier sind also unbedingt Maßnahmen zur Erreichung der von der französischen Regierung festgelegten Ziele erforderlich (siehe Kasten).

Dabei unterstützen Anbieter wie Actemium, die VINCI Energies-Fachmarke für Höchstleistungen in der Industrie. Die Nachfrage steigt und verändert sich, merkt Sylvain Surroca an, Projektleiter Dekarbonisierung bei Actemium. „In Sachen Energieeffizienz verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz“, erläutert er. „Wir führen Energieaudits und -beratungen durch, nutzen Best Practices, erledigen Montagearbeiten und überwachen den Energieverbrauch.”

Wichtige Unterstützung für die Industrie

Zur Dekarbonisierung der Industrie müssen zunächst die Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz ausgelotet und genutzt werden. In der Schwerindustrie wird dieses Potential auf 65 TWh beziffert. Außerdem geht es um Fragen wie die Abwärmenutzung, die Elektrifizierung der Fertigung, die Einbindung erneuerbarer Energien, die Verwendung alternativer Materialien und die Abscheidung von CO2.

Was die Energieeffizienz angeht, war Actemium beispielsweise für die Constellium-Gruppe tätig, die Aluminium-Strangpresserzeugnisse herstellt. Die Teams von Actemium Angers haben dank des 2022 von Actemium Maintenance & Energies Auvergne durchgeführten Energieaudits festgestellt, dass die Destratifizierung (Verfahren zur Nutzung stratifizierter Abwärme, vereinheitlicht die Temperatur und senkt den Energieverbrauch der Heizung) eine erste Möglichkeit zum Energiesparen darstellt. Diese Maßnahme führte bei Constellium zu einer rechnerischen Energieeinsparung von 26 %.

Hauptthema Abwärme

Zur Dekarbonisierung der Industrie gibt es mehrere Stellschrauben. Am vielversprechendsten ist die Rückgewinnung von Abwärme (Wärme, die indirekt erzeugt, aber weder rückgewonnen noch genutzt wird). Tatsächlich geht diese oft verloren oder wird kaum genutzt. „Das Potential an industrieller Abwärme beläuft sich auf 109,5 TWh, das sind 36 % des Gesamt-Brennstoffverbrauchs. 52,9 TWh davon werden mit Temperaturen über 100°C abgegeben“, berichtet die französische Umweltagentur ADEME.

„Die Nutzung von Abwärme senkt die Kosten steigert die Wettbewerbsfähigkeit.”

Die Wärmeerzeugung hat das bedeutendste Dekarbonisierungspotential, gefolgt von Energieeffizienz (65 TWh Einsparpotential in der Schwerindustrie), der Elektrifizierung der Fertigung (42 TWh substituierbare Brennstoffe), der Nutzung erneuerbarer Energien, alternativer Materialien und der CO2-Abscheidung, die für über zwei Drittel des Energieverbrauchs der Industrie stehen.

Also muss die Abwärme zurückgewonnen, aber auch die entsprechenden Wärmenetze gebaut werden, damit sie zu den Endverbraucher:innen gelangt. In Frankreich gibt es derzeit 800 Fern- und Nahwärmenetze. Das landesweit größte industrielle Abwärmenetz wurde in Dünkirchen verwirklicht.

Für Vincent Deyme, Performance Energy Manager bei VINCI Energies, ist die Frage der Abwärmenutzung sogar der Ausgangspunkt für sämtliche Überlegungen zum Thema Energieeffizienz. „Wenn wir die Wärmenutzung und -produktion nicht optimieren und am tatsächlichen Bedarf ausrichten, werden wir bei der Dekarbonsierung scheitern. Genau darum geht es beim Commissioning (Qualitätssystem für Energieeffizienz), mit dem wir unsere Kund:innen begleiten, bevor wir uns mit Photovoltaik oder Erdwärme beschäftigen.”

Höhere Wettbewerbsfähigkeit

Die Industrie jedenfalls hat großes Interesse an solchen Maßnahmen. Dabei geht es nicht nur um die notwendige Energiewende, sondern „74 % aller Industriefirmen geben an, dass die Senkung ihres Energieverbrauchs auch ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessert“, so Surroca. Die Nutzung von Abwärme senkt die Kosten und macht sie wettbewerbsfähiger.”

Tatsächlich ist die Abwärmerückgewinnung und -nutzung nicht nur positiv für die Kohlenstoffbilanz eines Standorts, sondern verringert auch den Energiebedarf. Sie kann Teil eines Aktionsplans zur Zertifizierung nach ISO 50001 sein und gehört zu den Zielen der französischen Mehrjahresplanung im Energiebereich (PPE).

 


Ein ehrgeiziger Fahrplan

Der französische Präsident rief Ende 2022 Vertreter:innen der 50 Industriestandorte mit den höchsten Emissionen zusammen und legte einen ehrgeizigen Fahrplan zur Beschleunigung und Planung der Dekarbonisierung der Industrie fest: Bis 2050 soll sie klimaneutral sein, bis 2030 ihren Treibhausgasausstoß um 55 % verringern. Sie soll sich auf die bahnbrechenden Dekarbonisierungstechnologien von morgen vorbereiten, für die Entstehung eines wettbewerbsfähigen, französischen Angebots an Dekarbonisierungslösungen für die Industrie sorgen, groß angelegte Maßnahmen entwickeln, um die Machbarkeit der Dekarbonisierung von Industrieplattformen nachzuweisen, mehr Schulungen zur Dekarbonisierung der Industrie anbieten.

 


Weitere Stellschrauben zur Dekarbonisierung

Es muss neben der Abwärmerückgewinnung an weiteren Stellschrauben zur beschleunigten Dekarbonisierung der Industrie gedreht werden. Durch die Elektrifizierung werden beispielsweise Verbrennungsmotoren und fossil befeuerte Heizkessel überflüssig und können durch elektrische Komponenten ersetzt werden. Die davon betroffene Leistung beläuft sich laut ADEME auf nicht weniger als 42 TWh. Vincent Deyme, Performance Energy Manager bei Building Solutions, erläutert: „Ein vollelektrisches System ist für die Industrie von Vorteil, weil sie durch Eigenverbrauch ihre Energieproduktion und -kosten besser kontrollieren kann. Biomasse und Solarthermie sind derzeit noch wenig verbreitet, bieten aber ebenfalls interessante Perspektiven.

France Chimie hat mit der ADEME, der Generaldirektion Wirtschaft und mehreren Industrieverbänden vor kurzem eine Studie in Auftrag gegeben, mit der neue Lösungen für die Wärmeerzeugung erforscht werden sollen. Als Ersatzbrennstoffe genutzte Abfälle und Biomasse erscheinen darin als wichtigste klimafreundliche Energiequellen.

Biogas, das direkt vor Ort erzeugt und verbraucht wird, könnte punktuell einen geringen Teil des Energiebedarfs von Industriestandorten decken, sofern dort vergärbare Abfälle anfallen. Klimafreundlicher Wasserstoff ist eine weitere, tragfähige Alternative. Last but not least kann das bei bestimmten Industrieprozessen immer noch entstehende CO2 mit relativ neuen Verfahren abgeschieden und in tiefen Erdschichten eingelagert werden.

 

19/10/2023