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Unter dem Druck immer strengerer Vorschriften muss die Industrie nachhaltiger produzieren. Beispiele aus dem Bausektor.

6R für nachhaltiges Produzieren: reduce-reuse-recycle-recover-redesign-remanufacture (Reduzieren, Wiederverwenden, Recyceln, Rückgewinnen, Re-Design und Refabrikation).

Seit den 1950er Jahren hat sich Lean Management in der Industrie als „die“ Methode zur kontinuierlichen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit etabliert. Der von Toyota in Japan entwickelte Ansatz zielt darauf ab, die Mittel des Unternehmens (Prozesse, Verfahren und Kompetenzen) so genau wie möglich auf die Anforderungen der Kund:innen (Qualität, Menge, Fristen) abzustimmen. Anders gesagt soll Lean Management alles, was im Prozess Geld oder Zeit kostet, aber keinen Mehrwert bringt, reduzieren oder gar eliminieren.

Auch wenn es ursprünglich also gar nicht um Nachhaltigkeit ging, wurde das Thema schnell integriert, insbesondere im Hinblick auf Energiesparen und Abfallvermeidung. Dabei handelt es sich um die berühmten 3 R: Reduce, Reuse, Recycle (reduzieren, wiederverwenden, recyceln).

Aber weil der Klimawandel immer schneller vonstattengeht, muss die Industrie unter dem Druck zunehmend strenger Vorschriften von einer möglichst passgenauen auf eine nachhaltige Produktion umstellen. Letztere lässt sich in sechs Schlagwörtern zusammenfassen: reduzieren, wiederverwenden, recyceln, zurückgewinnen, umgestalten und anders produzieren. Kurz gesagt: im Sinne einer Kreislaufwirtschaft ein Produkt über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg verfolgen.

Low Tech integrieren

Nehmen wir als Beispiel den Bausektor, einer der größten Treibhausgas-Emittenten. Er wird sich im Schnelldurchlauf neu erfinden müssen. „Die jüngsten französischen Umweltvorschriften (RE2020) sehen erheblich schärfere Anforderungen an Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit vor. Daran werden sich alle an der Produktionskette Beteiligten halten müssen“, bemerkt Stéphane Bretin, Leiter Instandhaltung und Services bei Building Solutions, dem Geschäftsfeld, in dem die Bereiche Engineering & Bau, technische Instandhaltung & Facility Management von VINCI Energies zusammengefasst sind.

Es geht um die Integration eines Low Tech-Konzepts“, fährt er fort. „Mit zwei Prioritäten: nicht nur die Verringerung der Auswirkungen eines Produkts während seines Lebenszyklus, sondern auch die Anpassung an den Klimawandel mit stärkeren Winden, Überschwemmungen und häufigeren Hitzewellen.”

Stéphane Bretin: „Das kann durch funktionale Einsparungen umgesetzt werden, etwa indem man versucht, auch ohne Klimaanlagen einen hohen Nutzerkomfort zu erreichen. Aber in diesem Fall muss bereits im Vorfeld die gesamte Gebäudekonzeption auf den Prüfstand, damit andere Lösungen verwirklicht werden können – etwa leistungsfähigere Belüftungsanlagen.”

Kreislaufwirtschaft

Die Notwendigkeiten sind klar, der Wille zur Umsetzung ist vorhanden – dennoch bleibt viel zu tun. Laut einer Untersuchung des Capgemini Research Institute verfolgen bisher erst 11 % aller Industriebetriebe eine konkrete Nachhaltigkeitsstrategie, und weniger als 40 % wollen im Laufe des kommenden Jahrzehnts den Einsatz natürlicher Ressourcen verringern*.

„Es geht um die Integration eines Low Tech-Konzepts. Mit zwei Prioritäten: Verringerung der Auswirkungen eines Produkts während seines Lebenszyklus und Anpassung an den Klimawandel.”

VINCI Energies trägt ihren Teil dazu bei, um diesen Trend zu beschleunigen. Mit dem seit 2020 verfügbaren Nooco-Tool können beispielsweise Materialien und Produktionsmethoden referenziert und kartografiert werden, um deren CO2-Ausstoß zu evaluieren und den Kund:innen Alternativlösungen nach RE2020-Standard einschließlich Preisanalysen anzubieten.

Außerdem hat Building Solutions ein System zur Wiederverwendung von Materialien wie Lüftungskanäle, Kabel oder Fliesen implementiert, die bei Abbruchunternehmen wie Neom und Cardem anfallen. So soll die Wiederverwendung in strukturierte Bahnen geleitet werden“, erläutert Bretin. „Die HKL-Installateur:innen und Elektroingenieur:innen von VINCI Energies können diese Materialien so erneut einsetzen, woran auch die Objektplaner:innen und Kund:innen ein starkes Interesse haben.“

Allerdings kann diese Lösung Kosten verursachen. Wenn Equipments so demontiert werden sollen, dass sie wiederverwendet werden können, erfordert das spezifisches Fachwissen und zusätzliche Arbeitszeit. „Aber indem wir den kompletten Prozess intern und ohne Zwischenschritte abdecken, optimieren wir diesen Ansatz auch in ökonomischer Hinsicht“, versichert der Leiter Instandhaltung und Services von Building Solutions.

So wurden vor kurzem 600 kg Lüftungskanäle, die in der ehemaligen H&M-Filiale auf den Pariser Champs-Elysées demontiert wurden, aufbereitet und zwecks Nutzung auf einer anderen Baustelle zwischengelagert. Gleichermaßen soll ein 1000 Meter langer Kabelkanal von einer Baustelle in Pantin bald in Levallois-Perret zum Einsatz kommen.

Change Management

Eine weitere Initiative, dieses Mal von Actemium, der VINCI Energies-Fachmarke für die Industrie: Die Verwendung recycelter, umgebauter Überseecontainer zur Fertigung von Biogas-Einspeisestationen.

„In den drei letzten Jahren konnte das Actemium-Team dadurch 90 Tonnen CO2 pro Container einsparen. Das Konzept ist nicht nur nachhaltig, sondern auch rentabel, weil ein recycelter Container 20 % billiger ist als ein neuer“, erläutert Marcos-Raúl Salido Portugal, Sustainability Project Manager bei VINCI Energies.

Die Industrie gibt sich in Sachen ökologische Wende also nicht mehr mit reinen Lippenbekenntnissen zufrieden. Der Bausektor ist besonders exponiert und hat ohnehin kaum eine andere Wahl. „Mit dem neuen, ab Dezember 2022 geltenden französischen Dienstleistungsdekret** steigen die Anforderungen beträchtlich. Bis 2030 soll 40 % weniger Energie verbraucht werden, bis 2050 gar 60 %“, so Bretin. Entsprechend empfiehlt der Leiter Instandhaltung und Services von Building Solutions ein aktives Change Management, wie es bei den internen Schulungen im Building Solutions Institute von VINCI Energies vermittelt wird.

* Forschungsinstitut Capgemini, „Sustainability in Manufacturing Operations“, Untersuchung von Februar/März 2021
** DEET-Maßnahmenkatalog für ökologische Effizienz im Dienstleistungssektor

14/12/2022