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Ein Topmanager oder Meinungsführer erläutert seine Sichtweise des Themas Agility unter dem Aspekt der Unternehmenskultur, Verfahrenstechnik, Methodik und Mentalität.

Mit The Boson Project vertritt die Beraterin eine tiefe Überzeugung: Unternehmen werden sich nur verändern, wenn ihr Personal eigenständig arbeiten und Verantwortung übernehmen kann.

„In der Coronakrise ist allerorten auf Homeoffice umgestellt wurden. Dadurch wurde bisweilen ausgeblendet, dass das Büro auch ein Hort der sozialen Gerechtigkeit ist, wo alle gleich gute Arbeitsbedingungen vorfinden.“ Emmanuelle Duez hat 2021 The Boson Project gegründet, eine Beratungsfirma, die Unternehmen bei Veränderungsprozessen begleitet. Sie unterstreicht, welche Konsequenzen die Schließung der Büros auf die Mitarbeitenden hat.

In so einer Phase sehe ich zwei Hauptgefahren“, führt sie aus. „Die erste ist die Abkehr vom Unternehmen. Die zweite ist die Vereinsamung. Es ist die Aufgabe guten Managements, dem etwas entgegen zu setzen und sich um alle Mitarbeitenden gleichermaßen zu kümmern.”

Und sie fügt hinzu: „Die meisten Unternehmen hätten wohl leider nie gedacht, dass ihr Management einmal eine so entscheidende Rolle bei der Wiederherstellung des sozialen Gefüges nach der Krise übernehmen müsste.”

Mit ihren Beraterinnen und Beratern, den „Bosonen“ – ein Verweis auf die gleichnamigen Elementarteilchen, die wie eine Art Kitt für den Zusammenhalt der Materie sorgen – möchte Duez „ideale Bedingungen schaffen, damit sich das Potential jedes Einzelnen wie auch der Gruppe voll entfalten kann“.

„Die Wirtschaft sollte gründlich darüber nachdenken, warum die Leute überhaupt von zuhause zur Arbeit ins Büro kommen“

Zur Vorbereitung auf die kulturellen und organisatorischen Veränderungen im Unternehmen der Zukunft „muss man den Mut aufbringen, die Büchse der Pandora zu öffnen und die wichtigsten Stakeholder, nämlich die Mitarbeitenden, mit einzubinden. Das ist kein Risikofaktor, sondern im Gegenteil ein Garant für die Nachhaltigkeit der anstehenden Veränderungen“, meint sie.

Wirkungsvoll agieren

Emmanuelle Duez ist zwar erst 34, hat aber bereits viel Erfahrung in Wirtschaftsfragen und tritt entsprechend selbstbewusst auf.  Das kommt nicht immer gut an. „Einmal sprach ich bei einer Konferenz über unsere heutige Beziehung zur Arbeit. Ein Zuschauer wunderte sich, wieso ich mit einer solchen Selbstsicherheit über dieses Thema sprechen konnte, und fragte den Referenten neben mir, einen Admiral und Personaldirektor der französischen Marine, was er davon hielt. Mein Nachbar hat ihn regelrecht niedergemacht. Seitdem sind der Admiral und ich befreundet.“

Deshalb trat Duez 2014 dem zivilen Förderverein der französischen Marine bei, „eine hervorragende Gelegenheit, Verbindungen zwischen Zivilgesellschaft und Armee zu knüpfen“. Seit knapp zwei Jahren ist sie externes Mitglied des Naval Innovation Hub, der Innovationsplattform der Naval Group. „Diese Zusammenarbeit mit der Marine hat The Boson Project eine sehr praktische Dimension verliehen“, versichert sie heute. 

Duez versteht es, Rückschläge in Chancen verwandeln. Obwohl sie die geborene Unternehmerin ist, verdankt sie ihren jetzigen Beruf eher dem Zufall: „Als Kind wollte ich Profilerin werden. Deshalb habe ich Strafrecht studiert. Ich war auf dem besten Weg zur Rechtsanwältin oder Richterin, aber dann bekam ich Lust, die Welt zu retten. Deshalb habe ich mich an der Handelshochschule ESSEC eingeschrieben, um als Unternehmerin ein Projekt aufzubauen, welches das Leben der Leute verändern kann.”

Insbesondere durch die Gründung des Vereins WoMen‘Up im Jahr 2011 im Rahmen des ESSEC-Lehrstuhls Leadership und Diversity entdeckte sie ihre unternehmerische Ader. „Als Unternehmerin kann ich meiner Persönlichkeit Ausdruck verleihen“, findet sie.

Unter dem Motto „in der Wirtschaft müssen Frauen und junge Menschen immer noch um Anerkennung kämpfen“ hat ihr das Projekt WoMen‘Up, das sich mit Managementthemen im Bereich Steigerung des Frauenanteils in Großunternehmen befasst, zahlreiche Türen geöffnet.

„Ich habe das Projekt gegenüber dem Management als Hebel genutzt, bin zur Geschäftsführung gegangen und habe gesagt: Wenn Sie schon nicht aus ethischen Gründen von der Parität überzeugt sind, so sind Sie doch aus rein wirtschaftlichen Gründen gezwungen, Ihr Unternehmen weiterentwickeln – weil sie nur so die besten Köpfe bekommen und an sich binden können.”

Räume als Kristallisationspunkt

In der Coronakrise wurde The Boson Project zu einem gefragten Ideenlabor, weil die Firma ein feines Gespür für den sich anbahnenden Wandel hat, insbesondere in der jungen Generation.  Seit 2016 beschäftigt sich The Boson Project mit den sozialen Problemen, die mit räumlichen Veränderungen der Arbeitswelt einhergehen (Umbau, Umzug). Emmanuelle Duez regt die Wirtschaft an, umgehend „gründlich darüber nachzudenken, warum die Leute überhaupt von zuhause zur Arbeit ins Büro kommen“.

Die Neuerfindung des Arbeitsraums, des „Workspace“, ist in ihren Augen eine zwingende Notwendigkeit. „Bei Immobilienprojekten muss unbedingt auf die soziale und strategische Komponente einer räumlichen Neuordnung geachtet werden. Das Personal muss sich diese Projekte zu eigen machen, damit sie nicht für Aufregung sorgen, sondern neuen Schwung in die Organisation bringen. Man sollte bei Umbauprojekten nie den menschlichen Faktor außer Acht lassen.“

11/03/2021

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