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Das Departement Les Hauts-de-Seine erprobt derzeit eine innovative Verkehrsprognose-Software für die Ringstraße um La Défense, den größten Business District Europas. Mit der Perspektive, sie später an anderen Standorten einzusetzen.

Im Visier steht aktuell ein 4 km langer Abschnitt mit der offiziellen Bezeichnung RD993, bekannt unter dem Namen Boulevard Circulaire de La Défense im Westen von Paris, der täglich von 30.000 Fahrzeugen frequentiert wird. Damit das größte Geschäftsviertel Europas nicht an Attraktivität einbüßt, hat das Departement Les Hauts-de-Seine diese stark stauanfällige Ringstraße 2019 als Experimentierfeld für Neuerungen gewählt.

Zusammen mit Paris La Défense und dem Cerema (Forschungs- und Kompetenzzentrum für Risiken, Umwelt, Mobilität und Raumordnung) erfolgte eine Projektausschreibung mit dem Ziel, innovative Lösungen für einen flüssigeren und sichereren Verkehr zu entwickeln, zu implementieren und im Maßstab 1:1 zu erproben. Zunächst für den Ring um La Défense und später für den Einsatz auf anderen Verkehrsinfrastrukturen.

Gewinner des Auswahlverfahrens waren vier Projekte, darunter das intelligente Verkehrsanalyse- und -managementsystem AGIT von Citeos Solutions Digitales, dem VINCI Energies-Spezialisten für digitale Smart-City-Systeme.

Mit der von Citeos konzipierten, auf Machine Learning basierten Lösung lässt sich das Verkehrsaufkommen mit hoher Präzision eine Viertelstunde im Voraus vorhersagen.

Das von Citeos und der Partnerfirma Qucit entwickelte Modell, das derzeit erprobt wird, beruht auf Machine Learning, ist an die Verkehrsleitzentrale der beiden Departements Les Yvelines et Les Hauts-de-Seine angeschlossen und wird mit den Verkehrsdaten des Ballungsraums (Geschwindigkeit, Zahl der Fahrzeuge, Fahrtdauer usw.) und sonstigen Daten (Kalender, Feiertage, Schulferien, Wetter, Verkehrsnetzdaten usw.) gespeist. Auf diese Weise lässt sich das Verkehrsaufkommen mit hoher Präzision eine Viertelstunde im Voraus vorhersagen.

Hybride Berechnungsmodelle

Die ersten Versuche, mathematische Verkehrsmodelle aufzustellen, gehen auf die 1920er Jahre zurück. Ein Jahrhundert später reicht nach wie vor keine wissenschaftliche These aus, um das effektive Zusammenspiel des Räderwerks zu verstehen, das den Straßenverkehr bestimmt. Die heutigen Verkehrsmodelle kombinieren daher mehrere empirische und theoretische Techniken.

Verkehrsströme sind bekanntlich komplex und nicht linear. Durch das jeweils individuelle Fahrerverhalten gehorcht die Interaktion einer Vielzahl von Fahrzeugen nicht nur rein mechanischen Gesetzen. Sie tendieren dazu, Trauben zu bilden, die abhängig von der Verkehrsdichte unterschiedliche Stoßwellen erzeugen.

„Herkömmliche Prognosetools wie die statistische Auswertung von Verkehrszählerdaten eignen sich nicht immer für eine präzise Vorhersage der Verkehrsdynamik in dichten und komplexen Räumen wie beispielsweise dem Ring um Paris La Défense. Unseres Wissens gibt es im Augenblick noch kein Modell, das sich zu 100% auf Machine Learning im Echtzeitbetrieb stützt“, so Alexane Gondel, Projektleiterin bei Citeos Solutions Digitales.

Umso interessanter ist die aktuelle Erprobung in La Défense und das mit der Citeos-Lösung verbundene Versprechen, rasche Veränderungen der Verkehrsdynamik und Langzeittrends im Fahrerverhalten in integrierter Form auszuwerten. Auch der Zeitpunkt ist aufgrund der sukzessiven Lockdownphasen und dadurch bewirkten Verhaltensänderungen dafür besonders gut geeignet.

Offene und reproduzierbare Lösung

Neben Verkehrsanalysen und Stauprognosen ist mit der in La Défense getesteten softwarebasierten Lösung eine Palette von Dienstleistungen denkbar: u.a. Parametrierung von Alerts für Betreiber, Entscheidungshilfe, Szenarien für die Ampelsteuerung, Tempolimit-Politik, Information der Autofahrer über elektronische Anzeigetafeln. Citeos bietet den Nutzern eine App, die die Analysen per Webschnittstelle in Form von Testergebnissen anzeigt.

Es ist geplant, das Pilotprojekt La Défense künftig auf das gesamte Departement auszudehnen und so die territorialen Ziele für eine emissionsarme Mobilität zu fördern. Zu diesem Zweck wurde AGIT auch von vornherein auf Reproduzierbarkeit ausgelegt.

„Das System lässt sich auch an jedem anderen Standort mit anderen Umgebungsbedingungen anwenden, um den Verkehr auf jeder Art von Mobilitätsinfrastruktur, auch für sanfte Mobilität, zu analysieren und zu beeinflussen. Es handelt sich um eine offene, für jede Art von Verkehrsteilnehmern anwendbare Lösung. AGIT kann so Prognosen für Routenrechner vom Typ MaaS oder Vélo (Bike) liefern, um die jeweiligen Empfehlungen für die Nutzer in Echtzeit anzupassen“, führt Alexane Gondel aus.

 

20/01/2022