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Der deutsche Springer-Konzern ist eines der europäischen Medienhäuser, das seine digitale Transformation am umfassendsten und erfolgreichsten durchgeführt hat. Aber der Konzernumbau ist noch nicht abgeschlossen.

Gerade die Medienbranche und insbesondere die Printmedien sind von der Digitalisierung in ihren Grundfesten erschüttert worden. Alle Zeitungsverlage haben mehr oder weniger erfolgreich versucht, ihr althergebrachtes, auf Printmedien gründendes Geschäftsmodell mit Displays und Internet in Einklang zu bringen. Die Ergebnisse waren jedoch häufig enttäuschend. Stark steigende Zeitungspreise, bisweilen gar Schließungen und Verkäufe sind die Folge.

Die Umstellung auf volldigitale Medien ist für die Verlage -jedenfalls bislang- bei weitem nicht so rentabel wie das Massengeschäft mit Tageszeitungen im 20. Jhd. So hatte die französische „France Soir“ in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Auflage von über einer Million Exemplaren.

Angesichts der eher düsteren Zukunftsaussichten in Europa ist die Entwicklung von Springer eher die Ausnahme – auch wenn sie nicht unbedingt als Vorbild dienen kann.

Angesichts dieser eher düsteren Zukunftsaussichten in Europa ist die Entwicklung von Axel Springer also eher die Ausnahme – auch wenn sie nicht unbedingt als Vorbild dienen kann. Bericht über einen Weg mit Höhen und Tiefen.

Bezahlinhalte im Internet

Anfang der 2000er Jahre war Springer genauso wie andere Verlagshäuser mit sinkenden Leserzahlen konfrontiert, gleichzeitig schrumpften die Einnahmen aus den drei klassischen Quellen Zeitungsverkauf, Werbung und Kleinanzeigen.

Zunächst versuchte der Medienkonzern, sich in unterschiedliche Richtungen zu diversifizieren und anzupassen, nämlich durch die Verbindung von Filmbeiträgen und Artikeln im Fernsehen, als dieses Medium noch nicht unter dem Wettbewerb des Internets litt. Er veröffentlichte zudem kostenlose Internetausgaben seiner Zeitungen, um die sinkenden Leserzahlen auszugleichen. Das war zwar riskant, weil die Printausgaben damit starke Konkurrenz aus dem eigenen Hause bekamen, aber letztlich erfolgreich.

Als nächster Schritt setzte Springer auf Bezahlinhalte im Internet. 2012 wurde ein Digitalabo für die „Welt“ eingeführt, 2013 für die „Bildzeitung”. Langsam, aber stetig wuchs die Leserschaft: Ende 2018 hatten beide Zeitungen zusammen 500.000 Online-Abonnenten.

Goldgrube Rubrikengeschäft

Wahrhaft innovativ und risikofreudig zeigte sich Springer jedoch bei seiner Vision der Kräfteverteilung zwischen Online- und Printmedien. Das Verlagshaus war schon früh davon überzeugt, dass gedruckte Tageszeitungen und Magazine ein Auslaufmodell sind, und setzte auf Kosten der „alten Medien“ klar auf digitale Inhalte.

„Alle Nachrichten in der Druckausgabe der morgigen Tageszeitung stehen bereits heute im Internet, das ist ein echter Umbruch“, so Andreas Wiele, in seiner Zeit als Springer-exVorstandsmitglied zuständig für Internet-Rubrikengeschäfte und Marketingservices.

Aufgrund des Wachstums im Digitalen und im Internet trennte sich der Konzern nach und nach von Produkten, die traditionell mit den Druckausgaben verbunden waren: Werbung und Kleinanzeigen.

Es wurden spezielle Kanäle geschaffen bzw. insbesondere im Rubrikengeschäft dazugekauft. 2009 wurde die norwegische Stepstone übernommen, spezialisiert auf Stellenangebote in etwa vierzig Ländern, in Frankreich 2012 die Wohnungsmarkt-Website Seloger.com, das Frauenmagazin AuFeminin.com sowie die Gebrauchtwagen-Verkaufsplattform LaCentrale.fr.

Starke Zuwächse

Dieses starke Wachstum im Onlinebereich führte auch zur Übernahme von Business Insider und zum Rückzug aus mehreren Printtiteln. 2013 verkaufte Springer einen Großteil seiner Regionalzeitungen, darunter Hamburger Abendblatt und Berliner Morgenpost, sowie die Hörzu.

Die klare Ausrichtung auf das Digitale wurde belohnt: zwischen 2012 und September 2015 stieg der Konzernumsatz von 2,7 auf 3,2 Mrd. Euro. Teilweise war dies der Globalisierungs- und Diversifizierungspolitik von Springer geschuldet. Der Konzern beschäftigt 14.000 Mitarbeitende in 40 Ländern.

Außerdem spricht diese Entwicklung auch für das digitale Geschäft, mit dem Axel Springer derzeit 74 % vom Umsatz und 87 % vom Ergebnis erwirtschaftet, so Vorstandschef Mathias Döpfner bei einer Telefonkonferenz im Juni 2019. Fünf Jahre zuvor stand das Internetgeschäft noch für „nur“ 48 % vom Umsatz.

Google und Co. machen Druck

Auch wenn die Zahlen auf eine Erfolgsgeschichte schließen lassen, ist der Konzern noch immer im digitalen Wandel begriffen. Druckerzeugnisse machen zwar nur noch einen kleinen Teil vom Umsatz aus, aber der Fortbestand des Konzerns ist noch nicht gesichert – schließlich können die digitalen Aktivitäten jederzeit kippen.

Das zeigt sich am Beispiel Rubrikengeschäft. Die Springer-Websites sind hier zwar sehr erfolgreich, aber die weltweite Konjunkturabkühlung und vor allem die Pläne der großen amerikanischen Internetfirmen gefährden diesen Erfolg.

Tatsächlich generiert Springer 23,6 % des Umsatzes und 59,6 % des Betriebsergebnisses in Ländern oder Märkten, wo auch diese Weltkonzerne tätig sind oder es bald sein werden, so der in der französischen Wirtschaftszeitung Les Echos veröffentlichte Hinweis von Finanzanalysten.

Angesichts dieser Bedrohung hat Springer sein Geschäftsmodell weiter angepasst und sich dabei an Google und Co. inspiriert: Angeboten wird eine Lösungsplattform, die den gesamten Bedarf einer Zielgruppe abdeckt. Daran angelehnt hat der deutsche Konzern ein eigenes „Start-up-Zentrum“ gegründet, um bedarfsgerechte, innovative Konzepte für das Unternehmen zu entwickeln.

Die jüngste Veränderung, nämlich die Beteiligung von KKR an Axel Springer im Sommer 2019, spricht ebenfalls für den bevorstehenden „Kampf der Titanen“ gegen die amerikanischen Internetgiganten, für den enorme Mittel notwendig sind. Der amerikanische Capital-Investment-Fonds hat für 2,9 Mrd. Euro 43,5 % an Springer erworben und ist nunmehr der größte Gesellschafter.

Gleichzeitig verfügt das Medienhaus jetzt über genügend Mittel, um die kostspielige digitale Transformation weiter vorantreiben zu können. Bis zum nächsten Wendepunkt…

14/09/2020

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