Gehen Sie direkt zum Inhalt der Seite Gehen Sie zur Hauptnavigation Gehen Sie zur Forschung

In Brasilien gibt es nicht nur bedeutende Offshore-Ölfelder, sondern auch ein großes Potential für die Gewinnung erneuerbarer Energien. Damit jedoch alle diese Verheißungen wahr werden können, muss das riesige Land in seine Infrastruktur investieren.

Brasilien ist fünfzehn Mal größer als Frankreich – ein Land mit wahrhaft kontinentalen Ausmaßen. Genauso riesig sind seine fossilen wie auch erneuerbaren Energieressourcen, die allerdings aufgrund der Geografie nicht optimal genutzt werden können. „Produktions- und Verbrauchsregionen liegen häufig weit voneinander entfernt“, bemerkt Dominique Ferreira, Leiter des Pôles Brasilien von VINCI Energies. „Diese großen Distanzen müssen dementsprechend auch überbrückt werden, um die Energieversorgung sicherzustellen“.

80 Prozent der brasilianischen Bevölkerung wohnen nämlich an der Küste, während einsam gelegene Siedlungen, etwa in Amazonien, lange Zeit vom Stromnetz abgeschnitten sein können.
Eine weitere geografische Schwierigkeit: Die bedeutenden Ölvorkommen liegen über 100 Kilometer vor der Küste, in Tiefen von mehr als 5.000 Metern.

Brasilien ist reich an fossilen Energieträgern. Wichtigste Energieressource des Landes ist das Erdöl, das mit Bohrinseln gewonnen wird. Die Fördermengen sollen in Zukunft stark steigen. 2016 stand das schwarze Gold für 47,4 Prozent der brasilianischen Energieproduktion und deckte 38,4 Prozent des Verbrauchs. Auch Erdgas ist reichlich vorhanden und deckt 72 Prozent des Verbrauchs.

Großes Potential an erneuerbaren Energien

Um die Energiewende umzusetzen, kann sich Brasilien auf sein großes Potential an erneuerbaren Energien stützen. Als weltweit drittgrößter „grüner“ Stromproduzent sticht das Land insbesondere bei Wasserkraft und Biomasse hervor. Allein durch diese beiden Energieträger liegen die CO2-Emissionen des Landes um 54 Prozent unter dem weltweiten Mittel.

Im Rahmen der Pariser Klimakonferenz hat sich das Land verpflichtet, seinen Klimagas-Ausstoß bis 2030 um 43 Prozent zu senken. Es ist einer der Pioniere bei Agro-Kraftstoffen und deckt 30 Prozent seines Energieverbrauchs mit Biomasse. Die Wasserkraft hat eine geringere Bedeutung (11,5 Prozent), trägt aber ebenfalls zu einem klimafreundlicheren Energiemix des Landes bei – 45 Prozent der Energie werden kohlenstofffrei erzeugt.

Möglich wird das durch riesige Staudämme, etwa das Wasserkraftwerk Itaipu am Rio Paraná mit der weltweit zweitgrößten installierten Leistung (über 90 Terawatt pro Jahr), aber auch durch kleinere Bauwerke, etwa die Staudamm-„Kaskaden“, die von der VINCI Energies-Marke Omexom kürzlich im Auftrag des staatlichen Stromversorgers Enel saniert wurden.

Bei diesen Anlagen „mussten die elektrischen Ausrüstungen erneuert werden, insbesondere die Prozessleittechnik“, kommentiert Ferreira. „Durch Automatisierung und Digitalisierung sind jetzt weniger händische Eingriffe erforderlich und die Steuerung kann von der Enel-Hauptverwaltung aus erfolgen.“

Stromanschluss dank Sonne und Wind

Um auch dünn besiedelte, entlegene Regionen mit Strom versorgen zu können, setzt Brasilien auf lokale Stromerzeugung mit Sonne und Wind und Micro Grids. In diesem Rahmen hat Omexom südlich von Belem hunderte Mini-Solarkraftwerke errichtet.

Auch die Windkraft trägt zur Erschließung dieser Regionen bei. In jedem Fall verbessert sie den Energiemix. Ihr Potential wird auf 350 Gigawatt geschätzt; Schwerpunktregionen sind Pernambuco und Bahia im Nordosten des Landes, wo zwar günstige Winde wehen, aber kaum Bedarf vorhanden ist. Aufgrund dieses Ungleichgewichts muss der Strom Tausende von Kilometern nach Süden transportiert werden, etwa nach Minas Gerais oder die Region um Rio.

Das ist eine der Herausforderungen dieses Landes“, so Ferreira, „denn es muss ein Überlandnetz aufbauen, um die Transportkapazitäten zu erhöhen und die Versorgung zu sichern. Die vorhandenen Leitungen sind so schwach, dass Blackouts nicht ausgeschlossen sind.“ 

2009 kam es aufgrund von Wetterkapriolen zu einem großflächigen Stromausfall in Brasilien, nachdem drei Hochspannungs-Überlandleitungen vom Wasserkraftwerk Itaipu an der Grenze zu Paraguay gleichzeitig ausgefallen waren. Knapp 90 Millionen der insgesamt 200 Millionen Brasilianer waren ohne Strom.  In Paraguay waren fast 90 Prozent des Staatsgebiets von diesem Stromausfall betroffen.

„Aus brasilianischen Steckdosen kommt grüner Strom.“

Deshalb verstärkt Brasilien seit 1999 sein Transportnetz. Omexom wird insgesamt 1.000 Kilometer 230-kV- und 500-kV-Leitungen realisieren. Der Bedarf ist enorm: In den nächsten zehn Jahren sollen in Brasilien etwa 50.000 Kilometer Hochspannungsleitungen gebaut werden!

Grüner Strom

Grundsätzlich „kommt grüner Strom aus brasilianischen Steckdosen“, bemerkt Dominique Ferreira und nennt die verschiedenen Energiequellen: 65 Prozent sind Wasserkraft, 20 Prozent kommen aus Sonne, Wind und Biomasse, und nur 15 Prozent werden konventionell oder nuklear erzeugt. Der Anteil der Erneuerbaren am Strommix stieg zwischen 2014 und 2015 von 39,4 auf 41,2 Prozent.

Aber Vorsicht, warnt der Leiter des Pôles Brasilien von VINCI Energies, „denn alle Studien haben denselben Tenor: Wenn die Konjunktur in Brasilien wieder anspringt, wird die installierte Leistung nicht ausreichen“. Der Stromverbrauch des Landes dürfte sich bis 2030 verdoppeln, deshalb muss es in den Ausbau investieren – das gilt sowohl für den Bau neuer Ölplattformen als auch für die Stromversorgung. Dabei gilt es, den Kurs Richtung Dekarbonisierung beizubehalten.

10/10/2019

Weitere Infos: